Schulverwaltungsreform auf Steirisch – Suhle statt Schule

Lassen Sie mich mal nüchtern anfangen in Sachen Zweigleisigkeit in der Verwaltung:
Die Verwaltung der Schulen ist ein komplexes und teures System in unserem Land. Denn auf der einen Seite haben wir die Landesverwaltung (Gleis 1), die sich um das Pflichtschulsystem kümmern muss, und auf der anderen Seite (Gleis 2) haben wir die Bundesverwaltung, die sich um das Bundesschulsystem kümmern muss. Also – vereinfacht dargestellt – dort die Zuständigkeiten für Volksschulen (VS) und Neuen Mittelschulen (NMS), Berufsschulen (BS) und Fachschulen (FS), hier die Zuständigkeiten für Gymnasien, HTL, HAK und HAS (AHS und BMHS). Und dazwischen Schulerhaltung und Budget, die da wie dort gestaltet und verwaltet werden und natürlich und vor allem auch ein wesentlicher Machtfaktor sind. Dann noch Schulrecht, Schulpsychologie und Pädagogik. Die Kindergärten gehören sowieso den Gemeinden. Andere Baustelle.
Das alles braucht Personal. Jede Menge. Das kostet Geld. Steuergeld. Auch jede Menge.
In den Landesabteilungen der Bundesländer (Gleis 1) und in der Bundesbehörde, sprich im Landesschulrat, der jetzt bald Bildungsdirektion heißt (Gleis 2) wird unser Steuergeld hierfür aufgewendet. Und – jetzt kommt`s – nach dem Willen der letzten rot-schwarzen Regierung sollen in dieser Direktion beide Verwaltungsstränge zusammengeführt werden (Gleis 1 + Gleis 2), weil kostengünstiger, effektiver und alles an einem Ort.
Aber, und hier ist die Krux an der Sache: Das Bundesland hat oft eine andere Farbe als der Bund, bzw. wird, wie in der Steiermark, das Land in seiner Bildungsabteilung (Gleis 1) rot geleitet (Ursula Lackner), der Landesschulrat (Gleis 2) schwarz (Elisabeth Meixner). Letztere ist auch als künftige Bildungsdirektorin fix. Ihr politisch übergeordnet ist aber die rote Bildungsabteilungsleiterin Lackner (Gleis 1). Die wiederum untersteht dem obersten Chef in der Steiermark, dem schwarzen Schützenhöfer (Gleis 1), der als Landeshauptmann einer Bundesbehörde (Gleis 2) vorsteht, die wiederum dem Bundesministerium (Gleis 2) untersteht.
Letzteres zur Darstellung der österreichischen föderalistischen Verfasstheit.
Also ehrlich, viel verworrener und machtverknoteter geht es nicht. Aber das ist Österreich. Das ist es, was immer wieder unter dem Schlagwort „Verwaltungsreform“ von eifrigen Bundespolitikern in Vorwahlzeiten in den Mund genommen wird, ihnen aber nach der Wahl von der Machtrealität draußen in den Ländern wieder zurück in den Rachen gestopft wird. Das ist eine jener Ausformungen eines „aufgeblähten“ Staatsapparates, der so gern so oft „schlanker“ gemacht werden will. Slim fit.
Aber so einfach ist das nicht, wie man das dem Wählervolk in periodischen Abständen weismachen möchte.
Darum ist diese Fusionssache im Haus der Bildungsdirektion (ehemals Landesschulrat und seit 2013 schwarz geführt, wir erinnern uns) alles andere als leicht. Die Roten im Land, Gefolgsleute des einstigen SP-Landeshauptmannes Franz Voves, interessieren sich einen Dreck dafür, ihre Landesagenden (wir erinnern uns: VS, NMS, BS, FS) in die „neue“ Behörde (Bildungsdirektion, schwarz geführt) zu überführen. Warum? Weil dann der Einfluss in Sachen Direktorenbestellung und Personalpolitik de facto weg wäre.
Die Schwarzen im Land finden diese Fusion durchaus ok, weil … erraten: Machtzugewinn. Aber die müssen sich seit Jahren mit den widerborstigen Roten gfretten, die ihre Felle davonschwimmen sehen.
Kurzum: Diese Sache mit der sinnvollen Abschaffung der Zweigleisigkeit ist schwierig. Sehr schwierig. Ins Slim fit passt man nicht so leicht.
Warum ich das jetzt so ausführe? Weil gerade wieder teilöffentliche Diskussion, weil die Kleine Zeitung (hierzulande unumschränktes Informationsblatt) sich der Sache annimmt, aber keinen größeren Raum geben und somit an der Oberfläche nur unscharf bleiben kann, und weil breite Unkenntnis der Ist-Lage für viele sowieso die „Is-ma-wurscht, da kenn i mi net aus“- Haltung gilt.
Und ich führe das hier aus, weil die jetzigen Wortmeldungen der politisch Verantwortlichen so grundunehrlich, verlogen, resignativ und scheinheilig sind.
Der ÖVP-Klub übt sich in Schonhaltung. Der meldet in personam Jürgen Rainer freimütig, man würde es lieber so lassen, bevor man sich hier mit dem Koalitionspartner überwirft und in Grabenkämpfen keine Landgewinne zeitigen kann. Comfort fit.
Vonseiten der SP verlautbart Bildungslandesrätin Ursula Lackner aber Unpackbares: „Angesichts der Herausforderung, die die Schaffung der neuen Schulbehörde mit sich bringt, ist es sinnvoll, die Bildungsdirektion nicht vom Start weg mit allen möglichen Agenden zu beauftragen.“ Was?
Geh bitte, also ehrlich: Diesen Dreck glaubt ja keine Sau! Und hier ist das Grundproblem begraben: Fehlende Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Man nimmt denen das ja sowieso nicht ab und trotzdem wird das in der Öffentlichkeit lanciert.
Das ist der Gipfel der blödsinnigen Perfidie! Man will der „neuen“ Bildungsdirektion nicht zu viel zumuten, weil sie sonst überfordert wäre, die Arme? Für wie blöd hält die SP die Leute draußen eigentlich?
Darum führe ich das hier aus!
In der Bildungsdirektion arbeiten seit vielen Jahren rund 200 qualifizierte Bundesbedienstete. Die Leitung der Bildungsdirektion (Direktorin und Amtsdirektor) und die Abteilung 6 der Landesverwaltung Steiermark samt privatem Unternehmen arbeiten seit Jahren an einer Eingleisigkeit der Schulverwaltung, wenngleich friktionsbeladen – siehe Gründe oben – und jetzt heißt es: Naja, wegen der möglichen Überforderung lass ma das mal so. Schön langsam. Schau ma mal.
Es braucht keine Schulverwaltungsreform auf Steirisch! Es braucht keine verhohlene Hand, keine geäußerten Nebelschwaden und keine brüchigen Finten.
Es braucht mehr Ehrlichkeit in der Politik. Es braucht mehr Verantwortlichkeit für die Sache, für die Schulen, und nicht für die eigene Suhle.
Es braucht mehr Mut und Anstand, der es einem verunmöglicht, die anderen für deppert zu verkaufen. Und vor allem braucht es eine Entpolitisierung der Schulen und deren Verwaltung.
Mehr Schule statt Suhle!

Il Principe

Machiavellis Werk gilt bis heute als theoretische Grundfeste des Absolutismus, eher für den Aufbau als für den Erhalt dessen. Für Letzteres sollte man in seinem Discorsi nachlesen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Angesichts der wieder aufflammenden Diskussionen rund um die „Verländerung“ aller Lehrer schiebt sich einem unweigerlich besagtes Traktat des italienischen Politikers ins Gedächtnis. Aber der Reihe nach.

Natürlich ist es absurd genug, dass in den Bundesländern dort und da die Pflichtschullehrer vom Land verwaltet werden, die Lehrer höherer Schulen vom Bund. Sogar die Bürgermeister haben etwa bei den Kindergärten mitzureden. Während die Bezahlung aller seitens des Bundes erfolgt. Paradebeispiel der oft zitierten Mehrgleisigkeit in der Verwaltung. Ausgangspunkt fürstlicher Begehrlichkeiten hinter dem Vorwand der Reformbereitschaft.

Wenn man diese tatsächlich unsäglichen Mehrgleisigkeiten aber so beseitigt, indem alle Kompetenzen außer der Lehrplangestaltung und -überwachung und ein bisserl anderer Firlefanz ins Land übergehen, ist man irgendwo zwischen Kapitel 3 und 5 bei Machiavellis Il Principe. Zu hören ist auch, dass der Bund eh die Kontrolle über den Einsatz aller Lehrer bekommen soll. Lieb. Das rührt einen geradezu.

Es geht den Landesfürsten eindeutig und unverhohlen um Machtzugewinn. Fertig aus. Einen Vorteil für die Schule oder gar die Schülerschaft kann man natürlich nicht ausmachen. Jegliche Argumentation ist schlichtweg Unfug, einige Fürsten tun sich diese Volte eh nicht an.

Und Einsparungspotential ist sowieso absoluter Blödsinn, weil Sachbearbeiter braucht es in diesem und jenem System. Was ausbliebe, wäre das zeitweilige, beschissene Hickhack zwischen den Landesschulräten und den Schulabteilungen des Landes.

Wenn der Bund eh alles bezahlt, gebe ich sämtliche Befugnisse seinen Behörden in den Bundesländern und fertig. Die ganze Sache hätte ein Ende. Aber die Fürsten. Von Pröll über Pühringen und Häupl. Die Ewigen.

Mit BM Schmid war über diese Allmachtsphantasien seitens der Fürsten nicht zu reden, Heinisch-Hosek ist nach gar zu hämmerndem Brustgetrommel aus den Bundesländern mit heutigem Dienstag auch vorsichtiger geworden, nur Kanzler Faymann weiß schon wieder nicht so recht. Naja, schau ma mal und so, aber gfallen tat`s ma schon. Glaub i. Bis der Michl halt über die Medien klar sagt, wo`s lang geht.

Balsam in den Ohren einiger schwarzer und roter Landesfürsten. Schwächelt der Kanzler, blähen die Fürsten ihre Säcke auf. Das hatten wir schon in manches Kaisers Zeiten.

Zu streng dürfte der Wind wieder im Burgenland über die pannonische Tiefebene fegen und mancherorts den Verstand ausdörren. Anders ist es nicht zu erklären, dass LH Niessl nach der angestrebten Verländerung auch über ein neues Dienstrecht betreffend bestehende Verträge sprechen will (also: weg mit Bundesverträgen, her mit Landesverträgen). Niessls Hose wird in letzter Zeit sowieso immer dicker. Bald dürfte sie selbst einem Häupl zu groß sein. Silberrücken im Osten Österreichs.

Landeshauptmänner hin, Hosen her.

In Österreich haben wir ohnehin schon unterschiedliche Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Schulbereich. Bei einer Verländerung aller Lehrer ist die Gefahr immens groß, dass auch neun unterschiedliche Schulsysteme entstehen. Samt Anstelllungs-, Versetzungs- und sonstigen Modalitäten. Was bliebe, ist, dass keine Reform im Bildungsbereich mehr gegen den Willen der Landeschefs beschlossen werden könnte. Und dass die Fürsten künftig über Direktoren- (na gut, nicht ganz so neu, aber bis dato immerhin das LSR-Kollegium dazwischen) und auch Lehrerpostenbesetzung, etc. (s.o.) alleine bestimmen könnten. Das sieht sogar der ewige Schilcher so.

Wieder ertönende Parole aus den Ländern: Bildungsdirektionen und keine Landesschulräte. Keine Präsidenten. Die machen dann die 9 zuständigen Landesräte. Die Teil der Landesregierung sind. Und dem Fürsten unterstehen. Conclusio: der Sachbearbeiter in der Bildungsdirektion aus der Abteilung Dienst- und Besoldungsrecht an mittleren und höheren Schulen hat im Bedarfsfall das zu tun, was Il Principe über sein Büro ausrichten lässt. Und nicht, was dem jeweiligen Bundesgesetz und den dazugehörenden Gepflogenheit entspricht.

Nur damit wir wissen, worum es hier tatsächlich geht.

Principilis obsta – verballhornter Ovid. Einerlei. Sonst kann sich der Bund im Bildungsbereich gleich selber abschaffen und den Fürsten das Feld überlassen.